Forschung

Forschungsfelder

Das Point Alpha Research Institute (PARI) befindet sich im thüringischen Geisa, an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die sowohl Ost- als auch Westdeutschland trennte und Ausdruck der systemischen Konfrontation zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt war, die den sowjetischen und den westlichen Block trennte.

Aktivitäten finden auch an den Hochschulen Fulda und Erfurt statt, die Kooperationspartner des PARI sind.

Der Name PARI leitet sich von seinem historischen Standort am Beobachtungsposten Alpha (Point Alpha) ab, der während des Kalten Krieges von strategischer Bedeutung war. Aufgrund der besonderen geografischen und topografischen Merkmale des Gebiets als Tiefland hätte es sowjetischen Panzern ermöglicht, in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzudringen. Daher überwachte die US-Armee von diesem Beobachtungsposten aus die "Fulda Gap", die auch als "heißester Punkt des Kalten Krieges" bezeichnet wurde, genau. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde Point Alpha in eine Gedenkstätte und ein Museum, getragen von der Point Alpha Stiftung.

In Verbindung mit seinem Standort, seiner historischen Bedeutung und seiner internationalen Reichweite überschneiden und verflechten sich in Point Alpha drei Forschungsstränge, die die Relevanz für weitere Forschungen und die vielfältigen Forschungsdimensionen verdeutlichen. Daher ist PARI bestrebt, den Dialog zu erleichtern, die Forschung zu fördern und zu laufenden öffentlichen Debatten in drei Kernbereichen über die Grenzen der Disziplinen hinweg beizutragen:

Der Kalte Krieg

An der Grenzlinie zwischen West- und Ostblock gelegen, wurde PARI unter anderem gegründet, um an die Geschichte des Kalten Krieges zu erinnern und sie zu erforschen. Die jüngsten Ereignisse haben diese Aufgabe noch wichtiger gemacht. Nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine hat der Kalte Krieg eine Art Revival erlebt - wenn auch nicht in der aktuellen Politik, wie manche Beobachter behaupten, so doch als historischer Bezugspunkt.

Das PARI untersucht die Geschichte des Kalten Krieges sowohl als lokalen als auch als globalen Konflikt, der nicht nur Deutschland, sondern auch Europa und die Welt spaltete. Es interessiert sich für seine politische und militärische Geschichte - internationale Beziehungen, Verträge, Allianzen, strategische Planung - und deren soziale und kulturelle Auswirkungen sowie Erscheinungsformen.

Als epochale Projektion dient der Kalte Krieg als Leinwand, um aktuelle Krisen und Konfliktfelder aufzuzeigen, die Kontinuität und Diskontinuität während der Transformationen und Ko-Transformationen seit den 1990er Jahren und darüber hinaus betonen. Ausgehend von diesen Prämissen zielt PARI darauf ab, die ideologischen und geopolitischen Spannungen während des Kalten Krieges und darüber hinaus zu untersuchen. PARI will den Kalten Krieg jedoch nicht nur entlang von Ost-West-Binaritäten untersuchen, sondern ihn auf globaler Ebene analysieren und dabei auch seine Auswirkungen und heutigen Implikationen berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund arbeitet PARI an Fragen wie diesen:

Inwieweit wirkt das Erbe des Kalten Krieges strukturell und kulturell in der Welt von heute fort? Inwieweit hat sich die globale Ordnung mit dem Ende des Kalten Krieges und danach verändert? Was waren die Zukunftserwartungen am Ende des Kalten Krieges? Wie hat sich der Kalte Krieg in der Praxis ausgewirkt und das tägliche Leben beeinflusst? Wie wurden die ideologischen und geopolitischen Spannungen darüber hinaus wahrgenommen? Wie waren globale und lokale Konflikte miteinander verwoben? Wie prägen sie bis heute Politik und Leben in der Region, in Deutschland und Europa? Wie hat sich die Wahrnehmung des Kalten Krieges seit dessen Ende verändert? Was waren und sind Einflusssphären? Was macht eine Ordnung nach dem Kalten Krieg aus und was kann als Nachwirkung des Kalten Krieges in unserer heutigen Weltordnung betrachtet werden? Wie können Forscher die Transformationsprozesse, die sich seit dem Ende des Kalten Krieges entwickelt haben, einordnen? Und wie kann die akademische Forschung diesen Veränderungen Rechnung tragen und zu den aktuellen Debatten beitragen?

Grenzforschung

Der Standort von PARI bestimmt auch die Erforschung der Funktionen und Auswirkungen von Grenzen. Grenzen, wie die zwischen West- und Ostdeutschland, behindern und beschränken die Mobilität. Zugleich ist keine Grenze undurchlässig. Vielmehr könnte die Existenz einer Trennmauer als Aufforderung verstanden werden, sie zu durchbrechen oder einzureißen. Grenzen können Gemeinschaften auseinanderreißen, aber sie können sie auch zusammenführen - oder zur Entstehung neuer Gemeinschaften führen.

Als die DDR die Grenze zum Westen errichtete, bedeutete dies für viele Bauern in der Region den Verlust von Heimat und Einkommen. Sie wurde als offene Wunde mitten in Europa empfunden, nicht nur von den Menschen in Deutschland, sondern weltweit. Heute ist die Grenze seit mehr als drei Jahrzehnten Geschichte, und doch behaupten einige, dass sie in vielen Köpfen weiter existiert.

Glaubte man in den 1990er Jahren noch kurzzeitig an das Ende der Grenzen im Allgemeinen, so scheint nun das Gegenteil eingetreten zu sein. Was die Menschen an der innerdeutschen Grenze nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten, erfahren heute unzählige Menschen auf der ganzen Welt. Während viele Nationalstaaten ihre Außengrenzen befestigen, nehmen die Trennungen zwischen Klassen und Glaubensrichtungen auch innerhalb von Ländern und Städten zu.

Daher eröffnen Grenzen als Forschungsfeld eine Vielzahl von Interpretationsperspektiven und -ansätzen auf lokaler und internationaler Ebene, z. B. als Brennpunkt der Abgrenzung und Unterscheidung, als Kartierungsinstrument, mit ihrer symbolischen Bedeutung und ihren Zuschreibungen, in einem gegenseitigen Verständnis, das ein Gefühl der Zugehörigkeit schafft, in ihrer künstlichen Natur als Staatsgrenze sowie in ihrer strategischen, geopolitischen Bedeutung, im Bereich des (sozialen) Raums und der räumlichen Ordnung und schließlich als kulturelle, religiöse und sprachliche Grenzen.

Was bedeutet es also, in der Nähe einer Grenze zu leben, die mit einem globalen oder regionalen Konflikt verbunden ist? Wie haben sich die Grenzregime manifestiert? Und wie haben sich die hier lebenden Menschen darin zurechtgefunden? Wie werden Grenzen auf den Seiten, die sie trennen, wahrgenommen? Was bleibt von einer Grenze übrig, wenn sie ihre Funktion verloren hat? Bleiben mentale Grenzen bestehen, wenn die physischen verschwinden, oder bleiben sie bestehen? Wie wird die Grenze und ihre Geschichte in der Region, aber auch anderswo erinnert? Und was können wir, nachdem der Eiserne Vorhang gefallen ist, aus dieser Geschichte für unsere heutige Welt lernen? Diesen und ähnlichen Fragen möchte PARI im Austausch mit Kollegen in anderen Teilen der Welt nachgehen.

Demokratie in der globalen Ordnung

Nach dem Ende des Kalten Krieges sahen viele das liberale Modell der westlichen Demokratie als triumphierend an. Zunächst schienen die Demokratisierungswellen in Osteuropa in den 1990er-Jahren und der Arabische Frühling in den 2010er-Jahren solche Einschätzungen zu bestätigen. Doch schon bald kam es zu Problemen, Rückschlägen und Niederschlagungen. Darüber hinaus haben neue Herausforderungen, wie der Aufstieg des Rechtspopulismus, Fragen zur Stabilität etablierter Demokratien aufgeworfen.

Das Konzept ist in letzter Zeit auf den Prüfstand gestellt worden; der Anflug von demokratischem Triumphalismus ist abgeklungen. Vielmehr denken die Intellektuellen über die verschiedenen Gefahren nach, denen Demokratien ausgesetzt sind, und darüber, was getan werden kann, um Demokratien vor solchen Gefahren zu schützen.

Auch hier ist Deutschland ein Beispiel für die Zunahme von Bewegungen, die die Demokratie im Namen der Demokratie untergraben. Ein aktueller Bericht hat gezeigt, dass nur 39 Prozent der Ostdeutschen und 59 Prozent der Westdeutschen mit dem Zustand der Demokratie zufrieden sind. Gleichzeitig scheinen viele die Demokratie als etwas zu betrachten, das ihnen zur Verfügung gestellt wird, und nicht als etwas, für das man sich engagieren muss.

Was bedeutet also Demokratie in den verschiedenen Teilen Deutschlands und der Welt? Und wie haben sich ihre Bedeutungen im Laufe der Zeit verändert und verschoben? Welche Auswirkungen haben das europäische Projekt und die Digitalisierung auf sie? Wie erforschen wir Demokratie? Und kann und soll diese Forschung dazu beitragen, Demokratie zu erhalten? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Forschungsfeldes.

Point Alpha Research Institute e. V.

Schlossplatz 1-2
36419 Geisa

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